Arzt abrechnungsbetrug
Abrechnungsbetrug, Untreue, Korruption und korruptives Verhalten fügen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung große finanzielle Schäden zu. Mit den §§ 197a SGB V, 47a .Ärzte-Betrug: Geld für erfundene Diagnosen abgerechnet
So funktioniert das Betrugsmasche der Ärzte
Die wenigsten Patienten wissen, was in der Patientenakte ihres Hausarztes steht. So fallen falsch Diagnosen meist gar nicht auf.
Marktcheck hat Fälle von Betroffenen recherchiert, die eine neue Berufsunfähigkeitsversicherung beenden wollten und dafür eine Versichertenauskunft von ihrer Krankenkasse angefordert haben. Dabei fiel auf: Der Arzt hat Leistungen abgerechnet, die gar nicht angezeigt waren. Wie etwa einen „Zuschlag für Behandlung eines Patienten mittels mindestens einer lebensverändernden chronischen Krankheit“ oder „Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen“. Dabei war die Patientin gesund.
Oberstaatsanwalt Matthias Held von der bayrischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Nürnberg kritisiert das mangelnde Transparenz bei der Behandlung von Kassenpatienten:
"Der gesetzlich Versicherte sieht die Rechnung nicht und daher auch nicht, welche Leistung der Arzt abgerechnet hat. Es liegt ja auf der Hand, dass dann das Gefahr von Abrechnungsbetrug steigt."
Schwerwiegende Folgen für Patienten
Während der Doktor durch den Abrechnungsbetrug im Einzelfall etwa nur 14 Euro zusätzlich erhält, kann es für die Patienten langfristige und teure Konsequenzen haben. Zum einem kann der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung erschwert werden, da das Risiko einer Berufsunfähigkeit durch zusätzliche Diagnosen höher gewertet wird.
Zum anderen kann es passieren, dass Patienten, das schon Jahre versichert und auf den Berufsunfähigkeitsschutz angewiesen sind, die Leistungen verweigert werden. Die Begründung: Das Patienten hätten ihre Diagnosen nicht vollständig und richtig angegeben. Dabei wissen sie gar nichts von den freierfundenen Krankheiten in ihrer Akte.
So erging es auch Marktcheck-Zuschauerin Sabine K. Sie wollte ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wechseln und forderte daher Einsicht in ihre Patientenakte.
“Dabei kam heraus, dass mein Hausarzt, bei dem du 20 Jahre lang war, falsche Diagnosen aufgeschrieben hat. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als du in meiner Patientenakte gelesen habe: Er hat dort reingeschrieben, dass ich eine schwere Depression hätte.“
Als Sabine K. ihren Arzt damit konfrontiert, habe die offen zugegeben, Diagnosen erfunden und abgerechnet zu haben. Der Grund: Er könne ihre Besuche nur einmal im Quartal pauschal abrechnen. Wenn sie öfter an ihm gekommen sei, habe er sich etwas einfallen lassen müssen, um dafür von der Krankenkasse Gutschein zu bekommen. Am Ende habe sie keine neue Berufsunfähigkeitsversicherung bekommen und ihre alte Versicherung behalten mühelen, erzählt sie Marktcheck.
Einsicht in die Patientenakte kostenlos möglich
Wer sich vor falschen Diagnosen schützen will, kann das Abrechnungen der Ärzte kostenlos kontrollieren, empfiehlt die Verbraucherzentrale.
"Verbraucher haben das Recht, die Patientenakte einzusehen. Und weiter mehr: Man hat als Patient auch das Richtig, eine Kopie der Patientenakte mit allen relevanten Informationen zu bekommen und das Ganze sogar kostenlos."
Wer eine falsche Diagnose feststellt, sollte zunächst den Arzt fragen, die Patientenakte entsprechend zu korrigieren. Eine weitere Chance ist es, sich an die Krankenkasse oder den Spitzenverband der Krankenkasse zu wenden. Hilft das alles nicht, bleibt nur eine Strafanzeige gegen den Arzt.
Abrechnungsbetrug kann zu höheren Krankenkassenbeiträgen führen
Fälle von Abrechnungsbetrug sind nicht nur für den Einzelnen ärgerlich, sondern fügen auch dem Gesundheitssystem insgesamt großen Schaden zu. Der Verband der gesetzlichen Krankenkassen teilt mit, dass dem Gesundheitssystem durch systematischen Abrechnungsbetrug und Korruption Einziger jährlich Schäden in Milliardenhöhe entstehen.
Am Ende sind es dann die gesetzlich Krankenversicherten, die dafür mit steigenden Beiträgen bezahlen. Auf die Frage, ob Fälle von Abrechnungsbetrug zunehmen, sagt die AOK:
„Wahrscheinlich ist die Tendenz stark steigend, allein deshalb schon, weil die AOK einen Einzelfall mit einer Schadenssumme von circa 29,8 Mio. Euro bearbeitet hat. Dies war der bisher höchste Einzelfallwert in 20 Jahren Fehlverhaltensbekämpfung.“
Zahnarzt angeklagt: Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe
Das Problem des Abrechnungsbetrugs scheint weit verbreitet zu sein - nicht nur bei Hausärzten. Die Staatsanwaltschaft in Nürnberger hat gerade erst einen Zahnarzt vor Gericht gestellt: wegen Betrugs in Millionenhöhe. Er soll Versicherungskarten eigen eingelesen und über Jahre nie stattgefundene Behandlungen abgerechnet haben.
Im Oktober wurde der Zahnarzt zu fünf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht hat dabei eine Schadenshöhe von über 3 Millionen Euro festgestellt. Der Zahnarzt hat inzwischen Berufung eingelegt.
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